Mittelstands-Interview: SAP-Hosting bei der HARTL GROUP

Interview
SAP Hosting im mittelständischen Rechenzentrum

Im Mittelstand wird SAP-Hosting immer beliebter. Dennoch: Gerade mittelständische SAP-Kunden legen großen Wert darauf, dass ihre Daten und Apps in Deutschland bleiben. Für Peter Hartl, Geschäftsführer eines mittelständischen Rechenzentrums, ergibt sich eine Win-Win-Situation für lokale SAP-Anbieter. Im Interview verrät er, warum.

Peter Hartl, Geschäftsführer der Hartl Group bei Passau.
Peter Hartl, Geschäftsführer der Hartl Group bei Passau. (Quelle: Hartl Group)

Über die NSA-Affäre ist zwar etwas Gras gewachsen. Aber aus Sorge um die Datensicherheit hat IBM gerade erst im Januar 2018 die deutsche Cloud komplett von den USA abgeriegelt. Sind die Daten der Kunden damit ausreichend geschützt?

Peter Hartl: Ich kann natürlich nicht für IBM sprechen. Aber Microsoft ist unlängst von der US-Regierung zur Herausgabe von persönlichen Daten eines Kunden in Europa aufgefordert worden. Das wirft natürlich Fragen zur Sicherheit der Microsoft Cloud Deutschland mit striktem Hosting in deutschen Rechenzentren auf.

Wie kann das sein? Sind die Daten wie in Deutschland nicht treuhänderisch geschützt?

Hartl: Das ist eine hoch politische und sensible Angelegenheit. Der Hintergrund ist der, dass der USA Freedom Act US-Unternehmen immer noch dazu zwingen kann, auch in Übersee gehostete Daten an FBI, NSA oder CSA herauszugeben. Unter dem PATRIOT ACT konnten die bis 2015 sogar direkt darauf zugreifen. Das betraf oder betrifft übrigens auch europäische Unternehmen, die regelmäßig in den USA Geschäfte betreiben. Die Wirksamkeit des EU-US-Datenschutzschilds, der die Safe-Harbor-Reglung abgelöst hat, gilt als umstritten. Daher sind deutsche Unternehmen mit rein deutschen Betreibern und überwiegend europäischen Geschäftsaktivitäten offenbar auf der sichereren Seite.

Im SAP-Umfeld verlagert sich immer mehr in die Cloud und zu Managed Services durch SAP-Anbieter wie All for One Steeb. Viele der SAP-Partner setzen dabei auf große Rechenzentren im Raum Frankfurt am Main. Aber kleine, lokale Rechenzentren wie Ihre sind stark im Kommen.

Hartl: Klar, mit einer e-shelter, die allein im Raum Frankfurt drei Rechenzentren mit rund 65.000 qm betreibt, können wir und andere kleine RZ-Betreiber nicht mithalten. Aber CIOs mittelständischer Unternehmen können oder wollen auch nicht immer nach Frankfurt, München oder Berlin fahren, um ihrer Sorgfaltspflicht bezüglich der Sicherheit der Unternehmensdaten nachzukommen. Daher sind lokale Betreiber wie wir gerade für Unternehmen in der Region im Vorteil – und im Kommen. Unser 2016 eröffnetes neues Rechenzentrum, mit dem wir den Hauptsitz von Neßlbach wieder nach Hofkirchen im Landkreis Passau verlegt haben, bietet nur eine Fläche von knapp 2.000 qm, ist aber eines der modernsten Europas und weltweit.

Das Rechenzentrum in Neßlbach im Landkreis Deggendorf, das Sie Ende der 1990er Jahre bezogen haben, ist ein Katzensprung entfernt, klingt aber auch nach sehr entlegen. Warum sind die der Region treu geblieben und haben sich nicht mehr in Richtung München orientiert?

Hartl: Vergessen Sie nicht unser Rechenzentrum in Wien. Aber Niederbayern hat sich gerade im IT- und Technikbereich als sehr attraktiver Standort entwickelt, nicht nur für uns, sondern auch für viele andere Unternehmen. Passau hat eine sehr aktive Startup-Szene und zum Beispiel MyMuesli hervorgebracht – eine tolle Erfolgsgeschichte Made in Lower Bavaria. Zu unseren Kunden zählen der Automobilzulieferer wie Edscha mit seinem Werken weltweit und viele weitere namhafte Kunden aus den unterschiedlichsten Branchen.

Im Video: Die Hartl Group positioniert sich als Innovationstreiber in der mittelständischen IT

Dann ist ja da auch noch T.CON aus Plattlingen, oder?

Hartl: Ja, für unser Rechenzentrum in Hofkirchen konnten wir den ebenfalls niederbayerischen SAP-Partner T.CON und mittlerweile auch Weitere wie die ISC-Consulting aus Rosenheim gewinnen und bieten mit ihnen SAP Certified Hosting Services an. Diese Unternehmen haben viele Kunden in ganz Europa. Überzeugt hat die Beiden nicht nur die geografische Nähe, sondern auch die Tatsache, dass unser neues Rechenzentrum die höchsten Standards in Sachen Leistung, Datenschutz, Sicherheit und Energieeffizienz erfüllt. Abgesehen von zertifizierten HPE-Systemen mit einer sehr geringen Leistungsaufnahme beziehen wir dort den Strom rein aus regenerativen Energien. Somit kommen wir mit einem PUE (Power Usage Efficiency) von 1,1 sogar auf bessere Werte als die mancher RZ-Riesen. Zertifizierung nach ISO / IEC 27001 / 9001, ISAE 3402, modernste Sicherheitssysteme und die Cat III Zertifizierung des Tüv-Rheinland sind weitere gute Argumente für Hosting in Hofkirchen. Was vor allem zählt, ist Hosting in Deutschland und in der Region. Außerdem reicht es nicht, einen großen Kasten in die Landschaft zu setzen und für die nötige Klimatisierung und Sicherheit zu sorgen, sondern ist für den Betrieb eines Rechenzentrums auch tiefgründiges Prozess-Knowhow erforderlich. Das betrifft natürlich auch die von uns angebotenen Managed Services welche wir mittlerweile seit über 20 Jahren am Markt anbieten und betreiben. 

Hosting und SAP-Hosting sowie Managed Services für SAP-Anwendungen sind ein weites Feld. Welche Bereiche decken Sie zusammen mit Ihren SAP – Partnern ab und was ist besonders gefragt?

Hartl: Grundsätzlich bieten wir Hosting in allen Bereichen an. Die Themen reichen von der Private, Public und Hybrid Cloud über Mobility bis hin zu UCC, sprich Unified Communications. Die Private Cloud mit Hosting bei uns oder anderen Rechenzentren ist immer noch sehr gefragt. Der Trend geht aber ganz klar zur Hybrid Cloud. Wie eine aktuelle Umfrage der Deutschen SAP-Anwendergruppe zeigt, rechnen die Unternehmen 2018 mit überdurchschnittlichen SAP-Budgetsteigerungen von über 35 Prozent. Eine größere Verschiebung von der Business Suite auf S/4HANA on-premises oder in der Cloud wird es dieses Jahr aber trotz des stark gestiegenen Interesses noch nicht geben, sondern erst in zwei, drei Jahren. Das wird sich natürlich auch positiv auf unser Hosting-Geschäft auswirken und unsere Rechenzentren für SAP-Anbieter noch attraktiver machen. Zusammen mit unseren SAP Partnern sind wir mit SAP-Branchenlösungen und Fullservices vor allem für die Fertigungsindustrie und Dienstleister einschließlich Handel und Logistik interessant.

Quelle Titelbild: Hartl Group

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