Britischer EU-Ausstieg: Herausforderung für den Handel
England ist nicht mehr in der EU und zahlreiche Handelsverträge müssen durch die entstehende Trennung neu berechnet und abgeschlossen werden. Noch ist niemand im Detail auf alle Veränderungen eingegangen, aber betroffen geben sich alle.
Der IT-Mittelstand reagiert mit Bedauern auf das Ja der Briten zum EU-Ausstieg und warnt vor negativen Konsequenzen für die europäische Wirtschaft“, formuliert Dr. Oliver Grün, Präsident des Bundesverband IT-Mittelstand e.V. (BITMi) und des europäischen IT-Mittelstandsverbands European Digital SME Alliance. Er erklärt: „Durch einen möglichen Wegfall der Freizügigkeit, neue Zollbeschränkungen, Handelshemmnisse bis hin zu möglichen abweichenden Zulassungsverfahren für Produkte werden Exporte deutscher und europäischer Produkte und Dienstleistungen stark gehemmt und damit betroffen sein.“ Großbritannien stellt bisher nach Frankreich den zweitwichtigsten IKT Absatzmarkt für deutsche Produkte dar. „Mit dem Verlassen der EU beginnt für deutsche Hersteller damit eine Zeit der Unsicherheit. Schon jetzt in der Phase des Übergangs ist zu erwarten, dass Investitionen und Wachstum des Mittelstands unmittelbar gebremst werden.“
Drastischer hat es der IT-Branchenverband Bitkom dargestellt: „Beim Brexit drohen Umsatzeinbußen für die deutsche Digitalwirtschaft“, heißt es hier, Großbritannien ist schließlich wichtiger Handelspartner der Bitkom-Branche. Ganze acht 8 Prozent aller deutschen ITK-Exporte gehen ins Königreich
Das „könnte für die Digitalwirtschaft mit deutlichen Umsatzeinbußen einhergehen“, warnt der Digitalverband. Im vergangenen Jahr wurden ITK-Produkte und Unterhaltungselektronik im Wert von 2,9 Milliarden Euro von Deutschland nach Großbritannien geliefert. Der Import von ITK-Produkten aus dem Vereinigten Königreich, 2015 lag er bei 1,2 Milliarden Euro, könnte je nach Umgang der Länder miteinander aber erheblich beschädigt werden.
Ganz anders sehen das James Freedman, Gründer der Digtal-Agentur „Zone“ mit Sitz in Köln und London und sein deutscher CEO Felix Holzapfel im gemeinsamen Statement: „Der digitalen Welt ist der Brexit im Prinzip egal“.
Klar ist: Viele Unternehmen arbeiten länderübergreifend und stehen jetzt vor großen Herausforderungen. Im langsamen Mahlen der bürokratischen Mühlen bleibt aber noch ausreichend Zeit, mögliche Geschäfte mit Großbritannien zeitlich so einzuteilen, dass sie zum jeweils günstigsten Zeitpunkt vor oder nach dem offiziellen Austritt stattfinden. Denn nach dem Sieg der Brexit-Befürworter müssen die Briten die EU zunächst über ihren Austrittswunsch offiziell informieren. „Anschließend sind die EU und die Briten nach dem EU-Vertrag verpflichtet, über die Einzelheiten des Austritts und das zukünftige Verhältnis zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich Verhandlungen aufzunehmen“, erläutert Freedman. „Zölle, Auflagen, Steuern. Es ist noch vieles im Unklaren. Wir müssen abwarten, welche Veränderungen überhaupt auf uns zu kommen“, betont er.
Sein deutscher Statthalter Felix Holzapfel meint: „Vor allem vor dem Hintergrund, dass die Welt gerade digital immer näher zusammenrückt: Der digitalen Welt ist der Brexit im Prinzip egal“. Für ihn ist entscheidend, dass Strategie, Technologie und Content aus einer Hand gesteuert werden und international skalierbar sind: „Nur so können sich Marken und Unternehmen in Zukunft behaupten“, bekräftigt Holzapfel. „Denn Konsumenten denken nicht in politischen Räumen. Ländergrenzen haben im Netz und bei der digitalen Kommunikation fast keine Bedeutung mehr.“
In dieselbe Kerbe schlägt der Bitkom mit seiner finalen Meldung zum Brexit: „Ein gemeinsamer digitaler Binnenmarkt, der Großbritannien mit einschließt, muss unser Ziel bleiben“. Bernd Rohleder, Bitkom-Geschäftsführer: „Sicher ist, dass durch den Brexit im Handel neue Bürokratie auf die Unternehmen zukommt“