Gericht begründet Vertriebsverbot für gebrauchte Software

News

In der nun vorliegenden, schriftlichen Urteilsbegründung führt das Gericht aus, dass der Vertrieb mit gebrauchter Software generell einer Zustimmung der jeweiligen Rechteinhaber bedarf. Der auf Urheberrecht spezialisierte 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts stellt dabei klar, dass dies nicht nur, wie in dem verhandelten Fall, für Software gilt, die ursprünglich per Download in den Verkehr gebracht wurde, sondern auch für den Handel mit gebrauchten Original-Datenträgern. Diese abschließende Entscheidung entspricht der Rechtsauffassung von Microsoft, wonach der An- und Verkauf von Vervielfältigungsrechten aus Microsoft-Volumenlizenzverträgen ohne die Zustimmung des Unternehmens unwirksam und damit urheberrechtswidrig ist. Microsoft sieht in dem jetzt erlassenen Urteil daher weit reichende Auswirkungen auf die gesamte Branche der Gebrauchtsoftwarehändler und deren Kunden.

In seiner Urteilsbegründung stellt das OLG München klar, dass auch eine Abwägung der Grundrechte am geistigen Eigentum der Klägerin (Oracle) und des Rechts auf eine frei Berufswahl und -ausübung zu keinem anderen Ergebnis führt. Die urheberrechtlichen Nutzungsrechte eines Softwareherstellers seien wegen ihrer besonderen Verletzlichkeit besonders schutzbedürftig. Das Urhebergesetz trage diesem Umstand Rechnung. usedSoft habe deshalb kein vorrangiges Recht, “einen Geschäftsbetrieb zu eröffnen, der explizit in fremde Urheberechte eingreifen will”, so die Begründung des Gerichts.

Bei Microsoft sieht man in dem Urteil einen Schlusspunkt in der Diskussion um gebrauchte Software zugunsten der Software-Hersteller. “Das Urteil schafft endlich Klarheit”, findett Dorothee Belz, Direktor Law & Corporate Affairs sowie Mitglied der Geschäftsleitung der Microsoft Deutschland GmbH. “Die Entscheidung bestätigt unsere Auffassung, dass die Rechteinhaber selbst entscheiden können, ob Nutzungsrechte an ihrer Software weiter lizenziert werden können.” Die von usedSoft gestellten Anträge auf Vorlage zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) und der Zulassung der Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) wies das OLG damit zurück, dass die Rechtslage klar und eindeutig sei. Möglicherweise wird usedSoft allerdings gegen die Nichtzulassung der Revision ein Rechtsmittel einlegen.

Kritische Situation für Anwender gebrauchter Software

Besondere Auswirkungen hat das Urteil vor allem für solche Anwender, die gebrauchte Microsoft-Volumenlizenzen im Einsatz haben oder diese gerade erwerben. Sie müssen sich des erheblichen rechtlichen Risikos bewusst sein, das aus einer möglichen Fehllizenzierung erwächst. Daher sollte jeder Anwender die für ihn geltenden Übertragungsregeln genau prüfen. In jedem Fall behält sich Microsoft ausdrücklich vor, künftig rechtliche Schritte gegen Händler von gebrauchter Software und gegebenenfalls deren Kunden in die Wege zu leiten, die gegen die genannten Regeln verstoßen.

Zum Hintergrund der Entscheidung

Das Landgericht München I hatte in einem am 15.03.2007 erlassenen Urteil (Az.: 7 O 7061/06) der Münchner Gebraucht-Softwarehändlerin HHS usedSoft GmbH untersagt, Dritten gebrauchte Oracle Lizenzen anzubieten und sie so zur Nutzung von Oracle Software zu verleiten. Die von Oracle eingeräumten einfachen, nicht übertragbaren Nutzungsrechte stellten eine zulässige, dinglich wirkende Weitergabebeschränkung dar. Abgesehen davon sei die Zustimmung des Rechteinhabers zur Nutzung der Software durch den Zweiterwerber auch nach § 34 UrhG erforderlich.

Mit seiner nun am 03.07.2008 verkündeten Entscheidung bestätigt das OLG München (6 U 2759/07) das Urteil der Vorinstanz und verweist dabei in vollem Umfang auf die bereits vom Landgericht München angeführten Gründe. Ergänzend stellt das OLG klar, dass sich das Verbot auch auf den Vertrieb von Nutzungsrechten unter Übergabe eines Original-Datenträgers bezieht. Damit widersprach es einem kürzlich erlassenen Urteil einer Münchner Einzelrichterin (Urteil vom 28. 11. 2007, Az. 30 O 8684/07), die die Übertragung von “gebrauchten” Microsoft Lizenzen für zulässig erachtet hatte, solange auch zumindest ein Original-Datenträger übergeben werde. Die Entscheidung des OLG München macht auch klar, dass der ohnehin verbotene Hinweis falsch ist, dass sich die Rechtmäßigkeit des Erwerbs gebrauchter Software bereits aus den Notartestaten ergebe.

Auf dem “Informationsportal Gebrauchte Software” finden sich eine Vielzahl von Hintergrundinformationen zum Handel mit gebrauchten Softwarelizenzen.