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Geräteentsorgung: Teure Abmahnungen vermeiden

In dem Elektro- und Elektronikgesetz (Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten, kurz: ElektroG) ist die Produktverantwortlichkeit für Hersteller und Importeure von Elektro- und Elektronikgeräten geregelt. Das Gesetz, welches im März 2005 verabschiedet und ein Jahr später wirksam wurde, regelt umfassend die Entsorgung gebrauchter Elektrogeräte: von Handys und Waschmaschinen über Fernseher und Computer bis hin zu Toastern und Kaffeemaschinen.

Was sind die Pflichten?
Alle betroffenen Hersteller und Händler von Geräten, die unter das ElektroG fallen, müssen sich und ihre Produkte seit dem 23.11.2005 bei der Stiftung Elektro-Altgeräte Register – EAR registrieren lassen. Der Registrierungsantrag kann online im Internet (www.stiftung-ear.de) gestellt werden. Geräte müssen vor dem Inverkehrbringen so gekennzeichnet werden, dass der Hersteller eindeutig zu identifizieren ist. Geräte für private Haushalte müssen zusätzlich mit einer durchgestrichenen Mülltonne – dem Symbol aus Anhang II zum ElektroG – gekennzeichnet werden.

Hersteller von Geräten, die in privaten Haushalten genutzt werden, müssen bei der Registrierung zusätzlich (insolvenzsicherere) Entsorgungs- und Finanzierungsgarantien vorlegen, die jährlich zu erneuern sind. Außerdem müssen sie die Entsorgung ihrer Geräte sicherstellen.

Welche Geräte sind betroffen?
Das Gesetz enthält in § 2 Abs. 1 Satz 1 ElektroG zehn Kategorien von Elektro- und Elektronikgeräten, die im Einzelnen beispielhaft im Anhang I des Gesetzes aufgezählt werden. Die Geräte werden in folgende Kategorien eingeteilt:

1. Haushaltsgroßgeräte (z.B. große Kühlgeräte, Waschmaschinen, Backöfen, Heizgeräte)
2. Haushaltskleingeräte (z.B. Staubsauger, Kaffeemaschinen, Friteusen)
3. IT- und Telekommunikationsgeräte (z.B. Computer, Drucker, Telefone)
4. Geräte der Unterhaltungselektronik (z.B. Fernseh- und Radiogeräte, Stereoanlagen)
5. Beleuchtungskörper (z.B. Leuchtstofflampen)
6. Elektrische und elektronische Werkzeuge (mit Ausnahme ortsfester industrieller Großwerkzeuge) (z.B. Rasenmäher, Bohrmaschinen)
7. Spielzeug sowie Sport- und Freizeitgeräte (z.B. Konsolen für Videospiele, Fahrradcomputer, Geldspielautomaten)
8. Medizinprodukte (z.B. Dialysegeräte, Beatmungsgeräte)
9. Überwachungs- und Kontrollinstrumente (z.B. Rauchmelder, Thermostate, Heizregler)
10. Automatische Ausgabegeräte (z.B. Geldautomaten, Getränkeautomaten)

Der Anwendungsbereich des Elektro- und Elektronikgesetzes ist daher nur eröffnet, wenn das in Frage stehende Gerät einer der aufgeführten Kategorien zugeordnet werden kann. Die Auflistung ist abschließend (BTDrucks 15/3930 S. 20) mit der Folge, dass Gegenstände, die sich keiner dieser Kategorien zuordnen lassen, den Herstellerpflichten des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes nicht unterfallen.

Für die Geräteeigenschaft ist nach § 3 Abs. 1 und 2 ElektroG ist maßgeblich, dass es sich um ein Gerät handelt, das zu seinem ordnungsgemäßen Betrieb Strom benötigt. Ein Gerät, das etwa über ein CE-Zeichen nach dem Gesetz über elektromagnetische Verträglichkeit (EMVG) verfügt, erfüllt mit hoher Wahrscheinlichkeit die genannten Voraussetzungen und fällt daher in den Anwendungsbereich des ElektroG.

Zusätzliche Einrichtungen, die nicht in ein Gerät eingebaut, sondern nur durch einfache Verbindungen an das Gerät angeschlossen werden, fallen in der Regel in den Anwendungsbereich des ElektroG, da sie als eigenständige Geräte in diesem Sinne aufzufassen sind. Beispiele hierfür sind Peripheriegeräte von Computern, wie Drucker, Tastatur, Maus, Scanner, USB-Memory Sticks etc.

Ausnahmen sind gemäß § 2 Abs. 1 ElektroG Geräte, die “nicht Teil eines anderen Gerätes sind, das nicht in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fällt”. Das sind Komponenten, die betriebsnotwendig für das Funktionieren des “anderen Geräts”, das selbst kein Elektro- und Elektronikgerät im Sinne des ElektroG ist, und fest in dieses eingebaut sind (Begründung zu § 2 Abs. 1 Satz 1 ElektroG, BT-Drs. 15/3930).

Eine Abgrenzung kann hier im Einzelfall schwierig sein. Ausgenommen sind beispielsweise Autoradios, die als Bestandteile von Fahrzeugen nicht unter die Regelungen des ElektroG fallen, da für Fahrzeuge eigene Vorschriften, wie die Altfahrzeugverordnung, gelten. In einem aktuellen Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden, dass ein Sportschuh mit elektronisch unterstützter Dämpfung, ein im ElektroG nicht aufgeführter Bekleidungsgegenstand bleibt, auch wenn er mit elektrischen und elektronischen Bauteilen ausgestattet ist (BVerwG Urteil vom 21.02.2008, Az. 7 C 43.07)

Weitere Ausnahmen nach dem ElektroG liegen vor bei Elektro- und Elektronikgeräten, die der Wahrung der wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland dienen oder eigens für militärische Zwecke bestimmt sind (§ 2 Abs. 2 ElektroG), Glühlampen und Leuchten in Haushalten (Anhang I Nr. 5 zum ElektroG), ortsfesten industriellen Großwerkzeugen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 ElektroG i.V.m. Anhang I Nr. 6 zum ElektroG) sowie implantierten oder infizierten und damit gesundheitsgefährdenden Medizinprodukten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 ElektroG i.V.m. Anhang I Nr. 8 zum ElektroG).

Wer ist Hersteller?
Ziel des Gesetzes ist die Vermeidung der Entstehung von Abfällen bei der Herstellung und dem Gebrauch jeglicher Erzeugnisse. Zentraler Aspekt ist daher die Produktverantwortung.

Unter dem Schlagwort der Produktverantwortung stehen daher primär die Hersteller in der Pflicht, Altgeräte zu entsorgen. Aus diesem Grund müssen alle Hersteller eine Zulassung beantragen, um ihre Produkte auf den Markt bringen zu können. Eine Zulassung wird von der Stiftung Elektro-Altgeräte Register (EAR) erteilt und soll sicherstellen, dass sich alle Hersteller der in den Verkehr gebrachten Warenmenge anteilig an der Entsorgung von Altgeräten beteiligen.

Verpflichtet ist aber auch derjenige, der ein Gerät erstmals in Deutschland unter dem aufgedruckten Markennamen in Verkehr bringt. § 3 Abs. 12 Satz 2 ElektroG bestimmt, dass Vertreiber, die Geräte von nicht-registrierten Herstellern zum Verkauf anbieten, auch als Hersteller gelten. Daher sind auch Händler direkt von der Neuregelung betroffen und unterliegen den gleichen Pflichten wie der Hersteller.

Mit der Herstellerfiktion soll vermieden werden, dass ein böswilliger Hersteller Produkte ohne die erforderliche Garantie und zum Nachteil seiner Wettbewerber absetzen kann. Einem Händler kann der für die Fiktion erforderliche Vorwurf einer Sorgfaltspflichtverletzung schon dann gemacht werden, wenn er nicht überprüft, ob sein Hersteller eine Registrierungsnummer führt.

Welche Konsequenzen hat ein Verstoß?
Verstöße gegen die Registrierungspflicht können empfindliche Geldbußen nach sich ziehen, die im Einzelfall bis zu 50.000 EUR betragen können. Zudem können nicht registrierte Händler auch durch Konkurrenten abgemahnt werden.

Einige Landgerichte und Oberlandesgerichte haben die Rechtmäßigkeit derartiger Abmahnungen bestätigt (LG Hamburg, Az. 407 O 60/07, Streitwert: 150.000 EUR; LG Düsseldorf, Az. 38 O 149/06, Streitwert: 25.000; OLG Düsseldorf, Az. I – 20 W 18/07, Streitwert: 5.000 EUR). Nach Ansicht der Gerichte stellt das in § 6 Abs. 2 Satz 5 ElektroG enthaltene Vertriebsverbot nicht-registrierter Hersteller eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar und ist daher als Wettbewerbsverstoß abmahnfähig.

“Trittbrettfahrern”, die sich vermeintlich clever unter Umgehung der Registrierungspflicht wirtschaftliche Vorteile verschaffen, droht daher neben einem empf
indlichen Bußgeld noch eine kostenintensive Abmahnung durch aufmerksame Wettberber. Ein Verstoß lässt sich zudem leicht nachweisen, da die Registrierungsnummern der Hersteller über die Internet-Datenbank der EAR einsehbar sind (die Internet-Datenbank der Stiftung Elektro-Altgeräte Register ist abrufbar unter www.stiftung-ear.de/hersteller/registrierung_mengenmeldung_datenpflege).
Daher sollten Händler von Elektro- und Elektronikgeräten dringend dafür sorgen, dass sie hinreichend über eine Registrierung ihrer Lieferanten bzw. Vorlieferanten informiert sind. Andernfalls haften sie, wenn die Lieferanten nicht registriert sind, selbst als Hersteller.

Eine erste Anlaufstelle für Fragen zur Registrierungspflicht ist die Webseite der Stiftung EAR. Bei Zweifeln über die Registrierungspflicht und im Falle einer Abmahnung sollte aber unbedingt der Rat eines Rechtsanwalts hinzugezogen werden.

Dennis Breuer, LL.M., Rechtsanwalt
Manfred Kohlen

Manfred schreibt seit 30 Jahren über Computerthemen aus verschiedenen Blickwinkeln. Das wird aber nie langweilig, denn die Branche entwickelt sich so rasant, dass es immer etwas Neues zu lernen gibt.

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