Storage Network World Europe 2008: Unentdecktes Top-Event für den Channel

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Das war der Gipfel

Die Storage Network World findet seit 2004 immer in der letzten Oktoberwoche in Frankfurt statt. Die Kongressmesse dreht sich um alles, was der Datenspeicherung dient und diese effizienter macht. Speichersysteme werden dabei immer mehr zum sogenannten Commodity Product, also zum Gebrauchsgegenstand. Große Margen sind nur noch über das Beratungs- und Dienstleistungsgeschäft zu machen. Das war auch der Grundtenor des Channel-Summits am 27. Oktober. Leider standen die Vertreter der Hersteller vor leeren Rängen. Dabei war das, was Marktforscher und Hersteller auf dem Channel-Summit vortrugen, durchaus interessant und mitteilenswert.

Ein Grund für die leeren Plätze in den Zuschauerreihen könnte sein, dass die Veranstalter schlicht vergessen haben, den Channel einzuladen. Ein weiterer Grund kann darin gesehen werden, dass der 27. Oktober als erster SNW-Tag eigentlich „Tag null“ und für den Eröffnungsumtrunk am Abend vorgesehen ist. Das sorgt für Verwirrung, vor allem, weil in den vergangenen Jahren unklar war, wer als Besucher welche Bereiche an welchen Tagen betreten darf. Paul Trowbridge, Marketing Director der SNW Europe, kommentiert das Zahlen-Desaster beim Channel-Summit hingegen damit, dass die Fachhändler sich bei ihrem Besuch »eher auf das Hauptprogramm als auf die Channel-spezifischen Sitzungen konzentriert haben, weil es sich um vertriebsorientierte IT-Professionals handelt, die ihrem Geschäft nicht so lange fernbleiben können wie Anwender und Manager.«

Der Channel-Summit wurde erstmalig unter Federführung der Speicherherstellerunion SNIA gemeinsamen mit den Marktforschungs- und Beratungsinstituten ESG (Enterprise Strategy Group) und ITEuropa durchgeführt. Dass die Fachhändler fehlten, ist auch deshalb schade, weil sich die SNW als internationale Veranstaltung auch an den Channel in Skandinavien und in Osteuropa wendet. Deutschland sei dabei, so die Veranstalter, für viele Anbieter der größte Markt innerhalb der Region EMEA – und dies nicht nur bei den Enterprise-Accounts, sondern vor allem auch bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen.

Services statt Technik

Im Eröffnungsvortrag des Channel-Summits stellte John Chapman von ITEuropa fünf Entwicklungstrends vor, von denen der Channel profitieren kann. Unified Messaging und neue Netzwerk-Architekturen bringen auch weiterhin ein starkes Ansteigen des Speicherbedarfs mit sich. Somit ist der Umsatz mit Festplatten & Co auch auf die nächsten Jahre immer realisierbar. Als zweites erzeugen immer mehr digitale Endgeräte Daten, die gespeichert werden müssen. Damit seien nicht nur die Handhelds und PDAs gemeint, sondern vor allem die Geräte, mit denen immer mehr und immer detailliertere Betriebsdaten erfasst werden.

Zum Dritten findet, so Chapman, derzeit in den Rechenzentren eine Revolution statt. Monolithische Systeme werden von Blades abgelöst und die Virtualisierung von Rechenleistung und Speicherplatz wird zunehmen. Auch der Green-IT-Gedanke wirke hier mit. »Das alles eröffnet dem Fachhandel große Chancen, diesen umfassenden Wandel zu begleiten«, erklärt Chapman.

Der vierte und fünfte Evolutionsschritt zeichnen sich in der Applikationssoftware ab. So bringt SOA starke Veränderungen in der Art, wie Anwendungssoftware entwickelt und abgespeichert wird. Zum anderen sei es die Art und Weise, wie Software ausgeliefert und implementiert wird.

»Die Anwender wollen dies alles auf einmal und als Service«, so Chapman weiter. Service bedeutet also nicht mehr das bloße Händchenhalten nach dem Deal. Die Fachhändler müssen sich stattdessen auf Lösungen für Geschäftsprozesse des Kunden spezialisieren. Chapman: »Service ist künftig eher ein Business-Thema als ein Technik-Thema.« Dem müssten aber auch die Hersteller Folge tragen und Partnerprogramme mit mehr als nur Margen und Marketing-Unterstützung gestalten.

Der Fachhandel muss sich darauf einstellen, dass Green-IT und Datenspeicherung keine Hardware-Themen sind. Das heißt, »wer dem Kunden grüne IT verspricht, der muss mehr meinen, als nur ein stromsparendes Disk-Array. Je größer die Unternehmen werden, desto ernster werden ökologische Aspekte genommen«, stellte Paul Myerson, Channel-Spezialist bei ESG fest.

Ein Begriff, der schon vor Jahren durch die IT-Welt geisterte, taucht jetzt ebenfalls wieder auf: die End-to-End-Quality-of-Service, kurz E2E-QoS. Das Thema der Durchgängigkeit der Informationen durch eine ganze Organisation, also vom zentralen Rechenzentrum bis hin zum PDA des Außendienstmitarbeiters, gewinnt jetzt wieder an Bedeutung, weil die Datenübertragungsstandards und die Endgeräte technisch nun ausgereift genug und die Rechenzentren reif dafür sind. Dabei versteht sich der QoS-Begriff tatsächlich als eine Art Garantie für den Datenzugriff von überall her. Bislang schränkten vor allem Organisationsstrukturen und die Kosten für die Datenzugriffe die durchgängige Datennutzung auf eine kleine Anwendergruppe ein.

In den Einzelvorträgen stellten unter anderem 3par, Brocade, Emulex, Fujitsu-Siemens, HP und Quantum ihre aktuellen Fachhandelsprogramme vor. So kündigte Emulex nicht nur ein Weiterbildungsprogramm für Fachhändler, sondern auch den ersten 10-Gb-FCoE-Netzwerkadapter an. 3par, die mit ihrem Scalable-Storage-Array in Deutschland und Großbritannien nur direkt in den Markt gehen, suchen vor allem in Osteuropa neue Partner.

Dass sich der Channel umstellen muss, ist mehr als eine Binsenweisheit. Es sind vielmehr reale Probleme, die das Geschäft mit Speichersystemen umkrempeln. So ist, nach Angaben des Marktforschungsunternehmens IDC, beispielsweise Deutschland das Land, in dem die Fachhändler und VARs mit einem Anteil von 45 Prozent an den Margen das meiste ihres Profits an den Endkunden weitergeben. Die Ursachen dürften weniger in der Großzügigkeit der deutschen Disk-Array-Händler liegen. Eher zeigt der Messwert, wie wenig in Deutschland mit reinen Hardware-Verkäufen noch zu holen ist.

Technisches Highlight: 10-Gb/S-FCoE und Datendeduplizierung

Zu den technischen Highlights der SNW Europe 2008 gehört in jedem Fall ein neuer HBA für konvergente Netze. Der Converged Network Adapter LP21000 von Emulex, der in der Lage ist, Daten mit einem Durchsatz von 10 Gb/s per FCoE (Fibre-Channel over Ethernet) zu übertragen. Das ist ein Meilenstein, wenn es auch noch eine Weile Dauern wird, bis die Server und die Switches diese Leistung auch in Anspruch nehmen. Auch werde, so ein Emulex-Sprecher weiter, FC als Infrastruktur nicht verschwinden, aber Anteile an Ethernet abgeben. In jedem Fall rechne man bei Emulex mit einer Konvergenz der Standards. Für Mitte 2009 wird die Verabschiedung des Fibre-Channel-Protokolls für 16 Gb/s erwartet. Die Bedeutung des FC-Protokolls wird in den nächsten Jahren nicht sinken, weil die verlustfreie Paketübermittlung in den Speichernetzwerken wichtig bleibt, um die großen Datenmengen möglichst rasch zu übertragen.

Außerdem gehörte das Thema der Datendeduplizierung, zu dessen Protagonisten vor allem Quantum gehört, zu den groß diskutierten Themen der SNW. Darunter ist zum einen die Vermeidung fliegender Holländer im Dateisystem zu verstehen. Zum anderen gehört dazu die Reduzierung der Speichermenge, wenn von einer Datei mehrere Instanzen vorliegen – wie es mit fast jeder Präsentation oder jedem Tabellenblatt geschieht, das per E-Mail versendet wird.

Brocade sucht neue Vertriebspartner

Bei Brocade soll si
ch das Partnergeschäft völlig ändern. Brocade-Vertriebsleiterin Barbara Spicek erklärte gegenüber Channel Insider, dass sie nach der Übernahme von Foundry Networks mehr Reseller ins Boot holen möchte. Zehn bis zwölf Exklusiv-Partner sollen Anfang des kommenden Jahres ausgewählt werden. Dabei hätten die Gespräche gerade erst begonnen und es stünde noch lange nicht fest, welche Unternehmen dazu gehören. »Bis Mai 2009 sollen die Partner definiert sein«, erklärt Spicek. Hintergrund ist vor allem, dass die von Foundry übernommenen Lösungen nicht mehr »so hart in Produkte« integriert sind, wie das bei der bisherigen Brocade-Hardware der Fall war. Rund 50 Prozent des Geschäfts sollen künftig über VARs und 15 Prozent über Distributoren abgewickelt werden. Das verbleibende Drittel wird demnach wohl im bisherigen OEM-Modell an den Anwender gebracht.

Im Juli hatte Brocade die Übernahme von Foundry Networks für rund 3 Milliarden US-Dollar bekanntgegeben. Das Unternehmen stellt Netzwerk-Switches- und -Router, darunter Layer-2/3-LAN-Switches, Layer-3-Backbone-Switches, Layer-4-7-Application-Switches, Wireless LAN und Access Points, Metro-Router und Core-Router, her.

»Solution Channel« für Quantum

Auch Quantum will das Geschäft mit dem Channel vorsichtig ausbauen. Zwar halte man an den strategischen Allianzen mit FSC und EMC fest, wolle aber den Channel stärken, so Thomas Feil, EMEA-Channel-Betreuer bei Quantum. »Die Reseller müssen heute Software, Festplatten und Bandspeicherlaufwerke als Paket verkaufen. Dazu müssen sie einerseits den Anwender schulen und andererseits selbst geschult werden. Wir wollen deshalb mit dem Händler zum Kunden gehen und den Händler so im konkreten Projekt trainieren und zertifizieren.«

Am Horizont: die SNW Europe 2009

An den zweieinhalb Tagen kamen, den Angaben der Veranstalter zufolge, etwas mehr als 1400 Teilnehmer zur SNW Europe. Paul Trowbridge kommentiert: »Das ist angesichts von Budget-Kürzungen, insbesondere bei den Reisekosten, schon ein Erfolg. Rund 1000 Teilnehmer waren Anwender, Reseller, Analysten und Medienvertreter«. Die SNW Europe findet nächstes Jahr wieder in Frankfurt statt – am 27. und 28. Oktober 2009. Das wären zwei Tage weniger als bisher, wenn der ominöse „Tag null“ mitgezählt wird. Allerdings soll der Channel-Summit dann in das reguläre Kongressprogramm eingegliedert werden.

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